Nachrufe

Im laufenden Jahr mussten wir Abschied nehmen von zwei hervorragenden Hochschullehrern, die sich neben ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit um die astronomische Volksbildung besondere Verdienste erworben haben. Beide Persönlichkeiten haben die Wilhelm-Foerster-Sternwarte über Jahrzehnte begleitet und sollen hier ein ehrendes Gedenken erhalten.

Professor Dr. Erwin Sedlmayr

Erst Ende Juni wurde uns bekannt, dass Professor Dr. Erwin Sedlmayr am 31. Januar 2022 in seiner Heimat in Bayern im achtzigsten Lebensjahr verstorben ist.

Professor Sedlmayr war seit 1980 Hochschullehrer an der Technischen Universität Berlin, von 1986 bis 1999 geschäftsführender Direktor des Instituts für Astronomie und Astrophysik, und anschließend bis zur Emeritierung 2008 der erste Direktor des unter seiner Ägide neu geschaffenen „Zentrum für Astronomie und Astrophysik“. Professor Sedlmayr bekleidete viele Positionen und Ämter, unter anderem als Vorstandsmitglied und Präsident der Astronomischen Gesellschaft. Sein Horizont ging aber weit über die praktische Wissenschaft hinaus. Mit großem Engagement beteiligte Erwin Sedlmayr sich an der Arbeit der Guardini Stiftung. Seine langjährige Beziehung mit der Stiftung begann im April 1989.
Sein zentrales wissenschaftliches Interesse galt der Funktion des kosmischen Staubes bei der Bildung von den ersten Oberflächen im Kosmos und bis zum interstellaren Materiekreislauf. Darüber hat er uns auch allgemein verständlich in seiner faszinierenden Art auf den Mittwochsvorträgen seit 1984 mehrfach berichtet, zuletzt am 4. 6. 2003 unter dem Titel „Das Sandkorn und der Kosmos“.

Die Verbindungen zur Wilhelm-Foerster-Sternwarte waren in den 80er und 90er Jahren besonders intensiv. So konnten die TU-Studenten seines Instituts praktische Erfahrungen in der astronomischen Beobachtung auf dem Insulaner sammeln. Viele Jahre unterstützte Professor Sedlmayr auch als Beirat den Vorstand des Vereins in wichtigen Entscheidungen, z.B. bei der Neubesetzung von leitenden Stellen. Insgesamt hat er sich maßgeblich für den Erhalt der astronomischen Volksbildungseinrichtungen in Berlin eingesetzt, als der finanzielle Rotstift der Sparhaushalte die Existenz einzelner Institute bedrohte. Aus Dankbarkeit für seine jahrelange Unterstützung hat der Verein Professor Sedlmayr zum Ehrenmitglied ernannt.

Professor Dr. Wolfhard Schlosser

Am 14. Juli 2022 starb nach langer Krankheit Professor Dr. Wolfhard Schlosser kurz nach Vollendung des 82. Lebensjahrs, ehemals Professor für Astronomie an der Ruhr-Universität Bochum.

Professor Schlosser studierte an der Universität Hamburg, ging nach der Promotion 1969 an die Ruhr-Universität Bochum, wo er sich 1973 habilitierte und dort bis 2005 eine Professur für Astronomie besetzte. Sein wissenschaftliches Interesse war ungewöhnlich weit gefächert.

Als beobachtender Astronom beschäftigten ihn die unterschiedlichsten Themen mit äußerst erfolgreicher Ausbeute. Von der Kometenforschung (Halley-Projekt), über Aufgaben für die Raumfahrt (Er war Projektleiter für die zweite deutsche Spacelab-Mission und ESA-Beauftragter für die ISS.) bis zur Astronomie der Vor- und Frühgeschichte spannte sich sein Interessensfeld. Das Buch „Sterne und Steine“ (1996) gemeinsam mit Jan Cierny dokumentiert eindrücklich die Leistungen vorzeitlicher Astronomen. Mit dieser Expertise war er folgerichtig auch der federführende Astronom bei den ersten wissenschaftlichen Untersuchungen an der Himmelsscheibe von Nebra.

Ein besonderes Anliegen war ihm die populäre Vermittlung astronomischen Wissens für Jung und Alt. Seine humorvollen Beiträge haben wir insgesamt 15 mal (!) auf unseren Mittwochsvorträgen genießen dürfen. Schon 1963 kurz nach der Eröffnung der Sternwarte auf dem Insulaner berichtete Wolfhard Schlosser uns als Doktorand aus Hamburg über die damals branntaktuellen Pläne zum Aufbau der Europäischen Südsternwarte ESO, die sein Vorgesetzter Professor Heckmann als Gründungsdirektor aufbauen sollte.

Die übrigen Vorträge spiegeln eindrücklich die Vielfalt seiner Interessen. „Natürlich“ berichtete er uns schon am 5. 3. 2003 über die ersten Erkenntnisse von der astronomischen Bedeutung der Himmelsscheibe von Nebra, und dann noch einmal am 13.12. 2006 über Nebra und Goseck. Sein letzter Besuch am Insulaner galt am 27.8.2008 dem Thema „Kosmische Einflüsse auf das Tierreich“.

Besonders bekannt wurde Professor Schlosser auch durch seine „einfachen astronomischen Schulversuche“. Die elementare Astronomie in Experiment und Beobachtung als Basis für die astronomische Grund-Ausbildung der jungen Generation war ihm ein Herzensanliegen. Dies dokumentierte er auch als Gründungsmitglied der gemeinnützigen „Schülersternwarte Waldbröl“, eine Einrichtung für Astronomie AGs in Nordrhein-Westfalen mit beeindruckendem Instrumentarium (www.stsci.de). Auch die praktische astronomische Ausbildung am Insulaner hat von den Ideen Professor Schlossers profitiert!

Allgemein genoss Professor Schlosser wegen seiner respektvollen und liebenswürdigen Art allerhöchstes Ansehen. Wer ihn noch einmal hören möchte findet unter https://www.freie-radios.net/45035 ein kleines Interview zum Thema Wintersonnenwende.